Dass es für Frauen kein Problem darstellen sollte, mit Expandern zu trainieren, habe ich im letzten Artikel bereits erklärt. Die Ängste der Frauen vor übermäßigem Muskelwachstum oder gar Vermännlichung sind vollkommen unbegründet. Kraftsport, sei es nun mit Expandern oder Gewichten, birgt deshalb auch für das angeblich schwache Geschlecht mehr Vorteile als Nachteile. Vor diesem Hintergrund stellt sich nun die Frage, ob es vielleicht Unterschiede in der Art des Trainings gibt. Schließlich ist Kraftsport eine Männerdomäne, weshalb die Methoden vor allem auf den männlichen Körper abgestimmt sein könnten. Gibt es eventuell spezielle Übungen, die für Frauen besonders geeignet sind?
Das „Frauenknie“
Es ist faszinierend Menschen zu treffen, die von der Unterschiedlichkeit der Geschlechter so überzeugt sind, dass sie beim Kraftsport unterschiedliche Herangehensweisen für Männer und Frauen entwickeln. Eines dieser Exemplare konnte ich in Form einer Hinterhof-Fitnessstudiobetreiberin kennenlernen. Als meine Freundin und ich dort zum ersten Mal trainierten, gab sie uns bei der obligatorischen Einweisung in die Geräte den Hinweis, dass meine Freundin anfangs an der Beinstreckmaschine keinesfalls mehr als 5 Kilo Gewicht nehmen sollte! Auf meine Nachfrage antwortete die Frau mir, dass die Knie einer Frau eine höhere Belastung nicht vertragen würden – ein interessantes Konzept, wenn man bedenkt, dass so ein Frauenknie täglich das komplette Körpergewicht tragen muss. Geht die Dame eine Treppe hinab, sogar das Dreifache. Beim Beinstrecken aber seien 10 Kilo bereits eine zu hohe Belastung. Abstrus, oder?
Eine Frage des Willens, nicht des Könnens
Fakt ist, dass Frauen aufgrund ihrer genetischen Voraussetzungen weniger körperliche Kraft entwickeln als Männer. Das heißt aber nicht, dass sie nicht im Bereich ihres eigenen Limits trainieren können. Das Skelett und die dazugehörige Muskulatur der beiden Geschlechter unterscheidet sich nur in wenigen Details wie dem breiteren Becken der Frauen. Daraus ableiten zu wollen, dass Frauen mit anderen Methoden trainieren müssten, ist in meinen Augen Unsinn oder falsche Vorsicht.
Frauen können die gleichen Übungen wie Männer nutzen, um sich in Form zu bringen. Dass man Frauen in beispielsweise Fitnessstudios häufiger an den Bauch-Beine-Po-Maschinen trainieren sieht, ist eine Frage der persönlichen Vorstellungen. Nicht nur der Trainierenden selbst, sondern auch ihrer Trainer. Da Frauen und Männer dazu neigen, an ihren „Problemzonen“ arbeiten zu wollen, werden ihnen Übungen empfohlen, die ihnen das gute Gefühl geben sollen, genau das zu tun. Männer verbringen ihre Zeit deshalb häufig an den Bizepcurl-Geräten dieser Welt, während Frauen mit der Adduktoren- und Abduktoren-Maschine an den Modelbeinen arbeiten. Man setzt quasi voraus, jemand wolle auf die ein oder andere Art trainieren. Es geht nicht um medizinische Notwendigkeiten, sondern ausschließlich um den Wohlfühleffekt. Schließlich will man die Kundschaft über längere Zeit behalten.
Tatsächlich gibt es sie aber nicht, die speziellen Übungen für Frauen, weder beim Expander-Training noch im Fitnessstudio. Und so würde auch kein gut ausgebildeter Trainer einer gesunden Frau davon abraten, Kniebeuge, eine der härtesten Übungen überhaupt, zu machen, sondern ihr eine saubere Ausführung beibringen. Wie man richtig trainiert, ist letztlich eine Frage der Technik, nicht des Geschlechts. Deshalb kann ich alle Übungen, die ich auf dieser Seite vorgestellt habe und vorstellen werde, beiden Geschlechtern uneingeschränkt empfehlen.
Grüße,
Ralf