Morgens nach dem Aufstehen, noch vor dem Frühstück oder doch lieber am Abend nach der Arbeit? Wann hat man die meiste Kraft, wann sind die besten Leistungen und damit die größten Trainingsfortschritte realisierbar. Diese Frage stellt sich in allen möglichen Sportarten immer wieder. Jeder scheint darauf eine eigene Antwort gefunden zu haben. So ging eine Freundin von mir stets frühs nach dem Aufstehen joggen und ließ sich nur widerwillig zu nachmittäglichen Trainingseinheiten überreden. Für mich wiederum sind es schon immer die Abendstunden, in denen ich mich mental und körperlich am fittesten fühle. Die Frage ist nur: Wer von uns beiden wird auf Dauer mehr Erfolg haben?
Der Einfluss der Tageszeiten
Bis vor einigen Monaten hätte ich die Frage nach der besten Tageszeit zum Trainieren noch als vollkommen individuelles Problem abgetan. Demnach sollte jeder dann trainieren, wenn er es als angenehm empfinden würde. Es wäre also egal, ob frühs, mittags oder abends, solange man sich nur munter genug fühlt. Das ist übrigens auch die gängige Empfehlung, die man in Internetforen und dem einen oder anderen Trainingshandbuch findet. Aber wie so oft, ist die einfache Antwort nicht richtige – oder zumindest erfasst sie die Problematik nur sehr oberflächlich. Etwas genauer wird es, wenn man die Erkenntnisse der Chronobiologie zurate zieht, also der Teildisziplin, die sich mit unserer inneren Uhr befasst:
Grundsätzlich ist es zwar so, dass jeder Mensch einen eigenen Rhythmus hat, dass der eine morgens am fittesten ist, während der andere nur abends Höchstleistungen bringt, ist aber ausgeschlossen. Unsere innere Uhr tickt von Mensch zu Mensch nur mit wenigen Stunden Unterschied. So erklärt sich, warum es Frühaufsteher und Langschläfer gibt und warum wir trotzdem alle am Tag wach sind und in der Nacht schlafen. Abgesehen vielleicht von Schichtarbeitern und WoW-Fans.
Trainieren nach der inneren Uhr
Die innere Uhr sorgt dafür, dass unser Körper jeden Tag zu einer ähnlichen Zeit bestimmte Phasen durchläuft. Dazu gehören täglich morgens und abends je ein Leistungshoch, während unser Körper mittags dazu neigt, die Segel zu streichen. In dieser Zeit zu trainieren wäre also völlig sinnlos. Bleibt also noch die Möglichkeit, das Training auf den frühen Morgen oder Abend zu legen. Für welche der beiden Varianten man sich entscheidet, sollte von den Zielen des Trainings abhängig gemacht werden.
Wer zum Beispiel abnehmen will, kann sein Training vor dem Frühstück einlegen und zwingt den Körper so, auf die Fettreserven zuzugreifen, weil die Glykogenspeicher über Nacht geleert wurden. Außerdem kann das frühmorgendliche Training als Wettkampfvorbereitung genutzt werden, da der Körper sich auf eine frühe Belastung einstellen kann. Zumindest wenn man nichts gegessen hat, sollten die Einheiten aber kürzer und weniger intensiv gehalten werden, da man sich andernfalls den restlichen Tag mit regenerieren beschäftigt ist und ansonsten keine Leistungen mehr bringen kann.
Geht es um den Muskelaufbau, sollte das Training am Abend klar bevorzugt werden. Zwischen 17 und 19 Uhr ist die Durchblutung der Muskulatur am besten, die Herzfrequenz und Atmung sind am schnellsten und die Körpertemperatur am höchsten. Der Körper ist also ganz auf ein schweres Training eingestellt. Verpasst man diesen Zeitraum, fährt der Kreislauf langsam wieder herunter und ist ab 21 Uhr auf dem besten Weg in den Ruhemodus. Auf Sport sollte man in dieser Zeit gänzlich verzichten, wenn es eine erholsame Nacht werden soll.