Man hört es immer mal wieder – Kaltes Wasser soll ein echtes Geheimrezept gegen Übergewicht sein. Wer regelmäßig extrem kalt badet und sich ein Gläschen Eiswasser gönnt, soll in kurzer Zeit Pfund um Pfund verlieren. Quasi ganz ohne die Ernährung umzustellen oder sich zusätzlich bewegen zu müssen. Die Kälte des Wassers soll den Körper gewissermaßen dazu zwingen, mehr Energie zu verbrauchen. Die Frage ist nur, ob sich die Theorie auch in praktische Erfolge übersetzen lassen kann.
Kalt baden gegen den Hüftspeck
Täglich eine Viertelstunde ins Eiswasser zu springen, ist laut einigen Experten im Internet eine fantastische Möglichkeit, um überflüssige Pfunde loszuwerden. Die Idee dahinter: Im kalten Wasser kühlt der Körper aus und versucht sich durch Zittern vor Unterkühlung zu bewahren. Die unwillkürlichen Bewegung der Muskeln erzeugt Wärme und verbraucht natürlich zusätzliche Energie, die wiederum aus den Fettdepots des Körpers gezogen wird. Der Effekt soll so groß sein, dass innerhalb weniger Wochen mehrere Kilo Körpergewicht heruntergezittert werden können. Beeindruckend, wenn man bedenkt, dass man dafür so gut wie gar nichts tun muss.
Und klappt’s?
In der Praxis leider nicht. Im Vorabendprogramm von Pro7 hat ein abspeckwilliger Proband den Selbstversuch gewagt und sich über mehrere Wochen regelmäßig ins Eiswasser gesetzt. Der Unterschied vor und nach dem Experiment war verschwindend gering. Nach zwei Wochen zeigte die Waage gerade einmal ein halbes Kilo weniger an, die Messung des Bauchumfangs zeigte keine ernstzunehmende Veränderung. Bei den Veränderungen könnte es sich um völlig normale Schwankungen gehandelt haben. Problem könnte gewesen sein, dass Menschen mit einer dickeren Fettschicht nicht so schnell frieren, man sich zudem an das kalte Wasser gewöhnt und der Proband letztlich doch nicht so ins Zittern kam wie erwartet.
Trink dich schlank
Wenn das kalte Sitzbad nicht klappt, kann man es immer noch damit versuchen, das Eiswasser zu schlürfen. Das soll nämlich ebenfalls einen merklichen positiven Effekt haben. Da Wasser bekanntlich keine Kalorien hat, der Körper aber Energie benötigt, um die kalte Flüssigkeit auf Temperatur zu bringen, sollen täglich ein paar Glas eisiges Wasser wahre Wunder wirken. Das wurde sogar errechnet. Als Grundlage wurde dabei die Tatsache genommen, dass der Körper beim Erwärmen eines Gramms Wasser um ein Grad ein Kalorien verbraucht. Würde man also einen halben Liter Wasser trinken, das um ein Grad erwärmt werden muss, werden 500 Kalorien verbrannt. Logischerweise fällt der Effekt stärker aus, je kälter das Wasser ist. Trinkt man 500 ml 22 Grad kühles Wasser, muss der Körper 7.500 Kalorien aufbringen, um es auf Körpertemperatur zu bringen. Im Netz heißt es dann, dass das ja dem Energiegehalt von einem Kilo Fett entsprechen würde. Leichter kann es kaum sein.
Klingt nach der perfekten Lösung, oder? Jeden Tag ein Glas gut gekühltes Wasser und die Gewichtsprobleme haben sich für immer erledigt…
Alles Mumpitz. Hier wird schlicht mit der Unachtsamkeit der Leser gespielt. Kalorien und Kilokalorien können leicht verwechselt werden. In einigen Beispielen sind die Autoren auch frech genug, im Endergebnis die Einheiten auszutauschen. Fakt ist, das die beachtliche klingenden 7.500 Kalorien keinerlei Auswirkungen haben, da es sich umgerechnet um gerade einmal 7,5 Kilokalorien handelt. Das ist weniger Energie, als in einem Stück Würfelzucker steckt. Durch das Trinken von eisigem Wasser abnehmen zu wollen, ist deshalb ein hoffnungsloses Unterfangen.
Das heißt allerdings nicht, dass ein Glas Wasser nicht doch helfen kann. Kurz vor einer Mahlzeit getrunken, zügelt es den Appetit und sorgt so dafür, dass wir etwas weniger essen. In Kombination mit dem, was auf den Tisch kommt, sorgt das auf Dauer tatsächlich für Gewichtsverlust.