So langsam werde ich zu einem echten Fan dieser morgendlichen Teleshopping-Sendungen. Wenn andere Sender die x-te Wiederholung einer drittklassigen Sitcom bringen oder den alltäglichen Wahnsinn der Welt in 30 Sekunden-Häppchen verpacken, kann man sich beim Kauf-TV mit sinnbefreiten Produktvorstellungen berieseln lassen. Dabei lernt man so enorm nützliche Geräte und Erfindungen wie das Powerarmband kennen – oder eben den „Ab Doer Twist“, der mir erst diese Woche völlig überzeugend als Fitnessrevolution verkauft wurde. Die Lösung für Muskelaufbau und Fettabbau! Ein Gerät für alles – wissenschaftlich erwiesen. Und der wohl abgefahrenste Schaukelstuhl aller Zeiten.
Star Wars lässt grüßen
Als ich den dauergrinsenden Fitnesstypen auf dem Ab Doer Twist die ersten paar Sekunden zusah, hätte man mich problemlos davon überzeugen können, dass ich gerade Werbung eines Star Wars-Fanshops sehe. Während der Kerl nach links und rechts schaukelte und seinen Stuhl dabei mit den Beinen drehte, sah er ziemlich genauso aus, als hätte er eine der Verteidigungsstellungen des Millennium Falken bemannt. Eigentlich hat nur noch das typische *Piupiu* der Laserkanonen gefehlt, um dieses Bild wirklich authentisch wirken und mein Nerdherz schneller schlagen zu lassen.
Aber nichts da. Im nächsten Moment stand dann diese mittvierziger Blondine vor der Kamera und schwor Stein und Bein, dass dieser „Ab Doer Twist“ das Fitnessgerät ist, auf das wir alle gewartet haben. Damit wäre es „sooo“ einfach, „sooo“ schnell zu einer „trauuuumhaften“ Figur zu kommen. Im Sitzen, ohne zu schwitzen. Mit dem Ab Doer Twist gäbe es „no excuses“ – keine Ausreden. Als dann das computeranimierte Muskelmodell eines Menschen zeigte, in welchen Regionen der Ab Doer Twist seine Wirkung entfaltet, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. 189 Euro für so ein Produkt? Wenn das gekauft wird, kann es uns trotz Eurokrise wirtschaftlich nicht so schlecht gehen.
Mit Bizepcurls gegen den Bauchspeck
Eines muss man dem Erfinder lassen: Der Ab Doer Twist erfüllt die Wünsche seiner Klientel, nämlich der Fitnesslaien. Die Zielgruppe dürfte vor allem aus Leuten bestehen, die Crunches als fantastische Möglichkeit betrachten, Fett am Bauch zu verlieren und sich dementsprechend mit 1000 Situps am Tag zum Six Pack Vorarbeiten wollen. Dieser Logik folgend, wären auch Bizepcurls hervorragend für den Fettabbau geeignet, vor allem an den Armen. Nur hat man mir noch niemanden präsentieren können, der sich tatsächlich schlank gecurled hätte.
So gesehen ist der Ab Doer Twist trainingstechnisch ein kleiner Fortschritt, da er muskulären Dysbalancen vorbeugt und damit verhindert, dass der Laie sich selbst schadet. Dysbalancen sind ja bekanntermaßen Grund für viele Probleme, die wir als Zivilisationskrankheiten kennen, und werden durch das sinnlose, tägliche Gecrunche nur noch verschlimmert. Der Ab Doer Twist sorgt aufgrund seiner Konstruktion dafür, dass das nicht passiert. Die Bewegungen belasten sowohl den Bauch als auch den Rücken. Das ist ein echter Pluspunkt. Und trotzdem ist es so, als würde man beim Training mit Spatzen auf Kanonen schießen. Nur das diese Spatzen eben keine Angry Birds sind, die mit wenig Aufwand viel Effekt erzielen.
Bitte, wer’s braucht
Nicht das hier ein falscher Eindruck entsteht – meine Einwände gegen dieses Gerät sind nicht grundsätzlicher Natur. Alles, was Menschen dazu bringt, sich regelmäßig zu bewegen, um in Form zu bleiben, kann man nur begrüßen. Vom Ansatz her ist der Ab Doer Twist aber eher als Geldmache anzusehen denn als ernst zu nehmendes Trainingsgerät. Und ein Ersatz für die vielen teuren Geräte eines Fitnessstudios ist er schon gar nicht. Schließlich kann nur die Rumpfmuskulatur trainiert werden (was natürlich nichts Schlechtes ist) und der restliche Körper bleibt außen vor (was sehr schlecht ist). Völlig unabhängig davon, ob man die Sitzfläche mit den Beinen dreht oder die Schultern braucht um die Armstütze in Position zu halten, die Belastung ist dabei so minimal, dass sie weder Auswirkungen auf den Muskelaufbau haben noch eine merkliche Verbesserung des Fettabbaus bringen könnte.
Doch genau da liegt ja die angebliche Stärke des Geräts. Die Werbung verspricht, man könne innerhalb kürzester Zeit und mit geringem Aufwand haufenweise Fett verlieren. Um das zu untermauern präsentiert man einen Herren, der allein durch das Training mit dem Ab Doer Twist gut 30 Kilo verloren hat. Ehrlich? Nur durch das Drehen des Oberkörpers gegen einen Widerstand, der so gering ist, dass man nicht einmal anfängt zu schwitzen? War es nicht vielleicht doch der Diätplan, der dazu gehört? Oder die professionelle Betreuung, die dieser Mann vermutlich erfahren hat? Irgendwie habe ich daran meine Zweifel.
Fakt ist, dass dieser Schaukelstuhl bestenfalls in den ersten Wochen merkliche Erfolge bringen kann. Selbst wenn man Geld in zusätzliche Widerstände investiert, kommt man schnell am Ende der Fahnenstange an. Nicht zu vergessen, dass das Training des Rumpfes allein weder für den Muskelaufbau noch für den Fettabbau sinnvoll ist. Es wäre idiotisch zu glauben, man bekäme davon ein breites Kreuz, dicke Arme und einen knackigen Arsch. Natürlich wird der Rücken und der Bauch gestärkt, was zur Verbesserung der Haltung und des allgemeinen Wohlbefindens führt. Aber genau das bringen Liegestütze, Klimmzüge und Kniebeuge auch. Nur effektiver und 189 Euro günstiger. Schon allein deshalb bleiben sie die bessere Wahl – es sei denn, man möchte beim Sport sitzen. Dann ist der Ab Doer Twist sicher interessanter. Ob die Investition dann aber wirklich sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn wer nicht bereit ist, seinen Allerwertesten zu bewegen, wird auch an diesem Gerät keine dauerhafte Freude haben. Das Ende kennen wir alle: Darf ich vorstellen? Mein Staubfänger für 200 Ocken.