„Diese Woche wieder 2 Kilo abgenommen, ich bin auf einem guten Weg.“, „In den letzten Wochen nicht so aufs Essen geachtet, aber trotzdem 10 Kilo weniger. Super!“, „…habe im letzten halben Jahr 30 Kilo abgenommen…“. In den einschlägigen Abnehm-Foren kann man so etwas beinahe täglich lesen. Und das klingt doch auch gut und erstrebenswert, oder? Leider nein. Genauer betrachtet klingt es unwissend, weil die Menschen hinter solchen Zeilen offensichtlich den Unterschied zwischen „dünn“ und „schlank“ nicht verstanden haben und ihre Fortschritte deshalb ausschließlich über die Waage definieren. Und das ist sowohl hinderlich als auch gefährlich.
Warum man sich nicht auf die Waage verlassen kann
Wenn man ein objektives Ergebnis erhalten möchte, nimmt man ein objektives Messinstrument. Das ist in vielen Bereichen des Lebens so. Anders als viele glauben mögen, gehört die Waage aber nicht zu objektiven Instrumenten, wenn es darum geht, die Fortschritte beim Abnehmen brauchbar darzustellen. Das Problem sind dabei aber keine Messungenauigkeiten, die das Ergebnis verwässern würden, sondern um ein falsches Verständnis von dem, was Abnehmen eigentlich sein sollte. Völlig unabhängig davon, ob es nun aus kosmetischen oder aus gesundheitlichen Gründen angestrebt wird.
Eine Waage misst nur das Gewicht, über die Veränderungen im Körper sagt sie nichts aus. Genau die sind beim Abnehmen aber entscheidend. Ziel ist es schließlich nicht, Gewicht, sondern Fett abzubauen. Leider ist Gewichtsverlust und Fettabbau nie das Gleiche. In den meisten Fällen geht die Reduktion des Körpergewichts mit dem Abbau von Muskulatur einher. Ein Prozess, der aus verschiedenen Gründen nicht wünschenswert ist. Auf der Waage lässt sich aber nicht erkennen, ob es mehrheitlich Fett oder Muskulatur ist, die abgebaut wurde. Wer sich also am reinen Gewichtsverlust orientiert, läuft Gefahr das eigentliche Ziel zu verfehlen.
Die Gefahr des Gewichtsfetischismus
Um das Problem dieser Fixierung auf das reine Gewicht etwas plastischer zu machen, habe ich mehrere Stunden nach einem Vergleichsfoto gesucht. Zwei Personen mit dem gleichen Gewicht, aber unterschiedlichen Lebensweisen. Person 1 sollte ein typische Couchpotatoe sein, Person 2 Sportler. Gefunden habe ich leider nichts, aber wer ein bisschen mitdenkt, kann sich das Bild auch so vorstellen. Person 1 wird ein leicht „schwammigen“ Eindruck machen, während Person 2 fit und gesund wirkt. Nehmen wir an, Person 1 hätte zuvor ein wesentlich höheres Gewicht gehabt und sich mit der Figur von Person 2 im Blick auf dessen Gewicht herunter gehungert, diese aber nicht erreicht. Eine gewisse Frustration ob des unterschiedlichen Körperbaus wäre in diesem Fall durchaus vorstellbar. Da der Spiegel nicht das erwünschte Bild zeigt und die Figur alles in allem noch weich wirkt, könnte der Entschluss folgen, noch weiter abzunehmen, um endlich die Muskulatur unter dem Fett freizulegen. Der Weg in eine Essstörung hätte damit begonnen und die Folgen sind allgemein bekannt.
Das Spiegelbild als Referenz
Was wäre also die richtige Herangehensweise? Um ein objektives Bild von den Erfolgen einer Diät zu erhalten, wäre die Messung des Körperfettanteils sinnvoll. Erst wenn der sinkt, ist man auf dem richtigen Weg. Da aber nicht jeder eine Körperfettwaage im heimischen Badezimmer hat und andere Messmethoden relativ aufwendig sind, kann der Spiegel ein brauchbares Feedback geben. Verändert sich das Verhältnis von Fett zu Muskulatur im Körper, sieht man das am ehesten am eigenen Spiegelbild. Als Ziel sollte man sich also eher einen bestimmten, realistisch erreichbaren Körperbau nehmen und nicht auf ein bestimmtes Gewicht hinarbeiten. Allerdings muss man sich dann von einer weiteren Illusion verabschieden: Durch eine reine Diät nimmt man kaum an Fett ab. Wirklich gesünder und schlanker wird nur, wer gleichzeitig Sport treibt. Reine Ernährungsumstellungen hingegen machen es dem Abnehmwilligen auf Dauer nur schwerer. Da neben dem Fett auch Muskelmasse verloren geht, wird es später schwerer, das neue Gewicht zu halten. Außerdem ist die Gefahr des Jojo-Effekts durch ein zu großes Kaloriendefizit deutlich höher.