Fettverbrennungspuls: Was wirklich dahinter steckt

Eigentlich hat das Thema schon einen grauen und ewig langen Bart. Und trotzdem trifft man immer wieder Menschen, die einem die Geschichte vom Fettverbrennungspuls erzählen möchten. Ich hatte heute Abend wieder so ein schönes Erlebnis. Ein Bekannter, der seit einigen Jahren trainiert und entsprechende Erfolge vorweisen konnte, Freunde von mir, allesamt ebenfalls Sportler, und ich saßen beim gemütlichen Feierabendbier zusammen und plauderten über unser Lieblingsthema – wie das Training war, was man Interessantes gelesen hat und wie das Klimmzug-Experiment läuft. Irgendwann kamen wir darauf zu sprechen, dass auch dieses Jahr keiner von uns die hundertprozentige  Strandfigur erreicht hätte, weil die letzten zwei bis drei Prozent Körperfett widerspenstig an den Hüften lagern. In dieser Situation präsentierte mein Bekannter die ultimative Lösung: Moderates Joggen hätte den größten Effekt. Schließlich würde bei einem Puls von 120 bis 140 Schlägen das meiste Fett verbrannt, weshalb genau dieses Training ideal für den Fettabbau wäre…Leider liegt er da aus mindestens drei Gründen falsch.

Punkt 1: Den Fettverbrennungspuls gibt es nicht

Der Mythos Fettverbrennungspuls wird so häufig kultiviert, dass man meinem Bekannten kaum einen Vorwurf machen kann. In Fitnessmagazinen, auf den Verpackungen der Pulsuhren und in zig Internetforen kann man genau diese Empfehlung lesen. Und selbst ausgebildete Fitnesstrainer, die es eigentlich besser wissen müssten, befeuern diese Idee, indem sie sie an ihre Schützlinge im Studio weitergeben. Wobei es zumindest in diesem Fall noch eine plausible Erklärung gibt. Trainieren alle nur mit halber Kraft, ist die Gefahr ziemlich gering, dass jemand entkräftet vom Laufband kippt.

Und in gewisser Hinsicht steckt in der Idee auch ein Körnchen Wahrheit. Es ist nicht völlig aus der Luft gegriffen, da der Körper bei unterschiedlichen Belastungen seine Energie auf unterschiedlichen Wegen bezieht. Die Hauptenergiequellen sind dabei Kohlenhydrate und Fette, die mit der Nahrung aufgenommen wurden. Beide Energieträger sind zu jeder Zeit an der Energiegewinnung beteiligt, nur zu unterschiedlich großen Teilen.

Hier liegt auch der Grund für den Glauben an den Fettverbrennungspuls. Theoretisch gibt es eine Pulsfrequenz, bei der der Anteil des Fettstoffwechsels an der Energiegewinnung am größten ist. Praktisch liegt dieser Bereich nicht zwangsweise zwischen 120 und 140 Schlägen pro Minute, sondern ist vom Alter, von der Veranlagung, vom Geschlecht, vom Trainingszustand und so weiter abhängig. Selbst die ausgeübte Sportart nimmt Einfluss darauf, wann wie viel von was verbrannt wird. Pauschal einen Pulsbereich festzulegen, ist also Quatsch. Um einen Anhaltspunkt für den individuellen Fettverbrennungspuls zu erhalten, könnte beispielsweise eine Laktatmessung durchgeführt werden. Die ist aber teuer und für das Abnehmen völlig überflüssig.

Punkt 2: Mathe gegen einen Mythos

Eine der einleuchtensten Begründungen, warum der Fettverbrennungspuls auf einem Denkfehler basiert, habe ich erst vor kurzem gelesen. Sie deckt den Unterschied zwischen dem relativen und dem absoluten Anteil der Fettverbrennung auf. Das Problem ist, dass dieser Pulsbereich empfohlen wird, weil der prozentuale Anteil der Verbrennung von Fett in dieser Region am höchsten sei. Er läge bei etwa 75 Prozent, während die restlichen 25 Prozent der Energie aus Glukose gewonnen werden. Konjunktiv, schließlich ist diese Pulsfrequenz von Person zu Person verschieden.

Nehmen wir aber einfach mal an, der Bereich würde auf unsere körperlichen Voraussetzungen passen. Wir gehen aufs Laufband, joggen eine halbe Stunde im moderaten Tempo und verbrennen 280 Kilokalorien. 210 Kilokalorien wurden dabei aus Fett gewonnen, 70 gehen auf das Konto der Glukose. Soweit, so gut. Weil wir uns nach dem letzten Training aber nicht ausgelastet gefühlt haben, geben wir beim nächsten Mal mehr Gas und trainieren in einem Pulsbereich von etwa 160 Schlägen. Die Belastung ist intensiver, der Körper muss mehr Energie bereitstellen, um den Anforderungen gerecht zu werden und verbrennt schließlich in einer halben Stunde 500 Kilokalorien. Dieses Mal stammt die Energie zu gleichen Teilen aus Fett und Glukose. 250 Kilokalorien werden aus Fett gewonnen. Beim moderaten Joggen waren es aber nur 210. Damit wäre das intensive Training eindeutig die effektivere Wahl.

Punkt 3: Fettverbrennung ist nicht gleich Fettabbau

Auch wenn diese Rechnung anschaulich zeigt, warum man beim intensiven Training mehr Fett verbrennt als beim Training nach der Pulsuhr, greift es zu kurz. Ein wesentlicher Fakt wird dabei völlig übersehen: Fettverbrennung und Fettabbau sind nicht zwingend miteinander verbunden. Warum? Wer hat denn behauptet, dass das Fett direkt von der Hüfte in die Energiegewinnung wandert? Was ist mit den Fetten, die wir zuvor mit der Nahrung aufgenommen haben? Die sind es nämlich, die sich der Körper zuerst greift. Schließlich ist er ständig bemüht, seine kostbaren Reserven unangetastet zu lassen. Deshalb zählt im Großen und Ganzen nur, was am Ende des Tages unter dem Strich steht: Das Kaloriendefizit.

Versteht mich nicht falsch. Es ist nicht verkehrt, extensiv zu trainieren. Ein solches Training ist ebenso gesund und kann genauso für den Fettabbau genutzt werden. Nur ist es für diesen Punkt weniger effektiv als ein echtes Arschtritt-Workout. Wer also das Maximale herausholen will, gibt Gas und macht beispielsweise ein fettvernichtendes Zirkeltraining.