Warum Cardio einen schlechten Ruf hat – und warum der unbegründet ist

Vor einigen Wochen habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie Cardiotraining den Muskelaufbau verbessern kann. Vielleicht hat das ja dem ein oder anderen Kraftsportler die Skepsis gegenüber regelmäßigem Herzkreislauftraining genommen. Was im Artikel sicher zu kurz gekommen ist, ist die Frage, was denn nun eigentlich der Grund ist, warum viele Leute eine Runde auf dem Fahrrad oder Laufband meiden. Das will ich im heutigen Artikel anschneiden. Eigentlich gibt es sogar zwei Gründe, die mehr oder minder gut sind.

Das Vorurteil: Cardio wirkt katabol

Wenn man sich in den einschlägigen Foren umschaut, taucht immer wieder die Frage auf, ob Cardio den Muskelaufbau behindern, im schlimmsten Fall sogar Muskeln abbauen könnte. Die Angst liegt darin begründet, dass bei langen Trainingseinheiten katabole Hormone ausgeschüttet werden, die den Abbau von Proteinen zur Energiegewinnung begünstigen. Das will man als Kraftsportler, der jedes in den Muskeln angelegte Gramm Protein hegt wie den Heiligen Gral, natürlich verhindern.

Deshalb aber auf Cardio-Training verzichten? Eher nicht. Und warum? Weil katabole Hormone erst nach längeren Trainingszeiten oder bei völlig ungewohnten, hohen Belastungen ausgeschüttet werden und es dabei auch noch völlig egal ist, ob man auf dem Fahrradergometer strampelt oder mit Gewichten um sich wirft. Nicht umsonst wird immer wieder empfohlen, Trainingseinheiten kürzer, dafür aber intensiver zu gestalten. Besonders hartes Krafttraining sollte unter anderem deshalb nicht länger als 45 Minuten gehen. Beim Herzkreislauftraining darf es gut und gerne das doppelte sein. Für die meisten Kraftsportler also mehr als genug Zeit, um etwas für die Pumpe zu tun.

Der (umstrittene) Interferenzeffekt

Weit weniger beachtet, dafür aber tatsächlich interessant, ist der Interferenzeffekt. Der soll laut einigen Studien auftreten, wenn Herz-Kreislauf- und Krafttraining parallel praktiziert wird, und einen optimalen Kraftaufbau verhindern. Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass der Körper sich immer nur auf einen Reiz anpassen – also entweder Kraft oder die Ausdauer optimal verbessern kann. Klingt in meinen Ohren logisch, ist aber, wie die Überschrift schon sagt, umstritten. Der Interferenzeffekt ist längst nicht in allen Studien beobachtet worden und scheint sich außerdem nicht zwangsläufig auf das Muskelwachstum auszuwirken. Zudem scheint der Effekt ohnehin derart gering zu sein, dass sich Hobbysportler darüber keine Gedanken machen müssten und stattdessen lieber die positiven Effekte des Cardio-Trainings in Anspruch nehmen sollten.

Und wer ganz sicher gehen will, hält sich einfach an ein paar simple Regeln:

1. Cardio-Einheiten sollten bevorzugt an trainingsfreien Tagen gemacht werden.
2. Cardio-Einheiten sollten die Länge von 90 Minuten nicht überschreiten.
3. Cardio-Einheiten sollten nicht zu intensiv ausfallen.
4. Cardio-Einheiten sollten regelmäßig abgehalten werden.